Brainstorming in Gruppen vermindert die Kreativität

Using the brain to storm a problem – das Gehirn verwenden zum Sturm auf ein Problem

Brainstorming Kreativität
Brainstorming ist eine von Alex Osborn erfundene und von Charles Hutchison Clark weiterentwickelte Methode zur Ideenfindung, die die Erzeugung von neuen, ungewöhnlichen Ideen in einer Gruppe von Menschen fördern soll.

 Inhaltsübersicht
 4 Regeln des Brainstormings
 Ursachen des Produktivitätsverlustes
 Theoretische Erklärung der Leistungsverluste
 Ist kognitive Stimulierung möglich?
 Einzelkämpfer

4 Regeln des Brainstormings

  1. je mehr Ideen, desto besser
  2. je ungewöhnlicher die Ideen, desto besser
  3. verbessere und ergänze bereits genannte Ideen
  4. enthalte Dich jeglicher Kritik

Osborn behauptete, dass die durchschnittliche Person in der Gruppe zweimal so viele Ideen bedenkt, als würde sie alleine arbeiten. Experimentelle Untersuchungen, die Quantität und Qualität von echten Gruppen verglichen mit der von Nominalgruppen, wobei bei letzteren die Versuchspersonen individuell arbeiteten stellten jedoch fest, dass diese wesentlich mehr und auch mehr gute Ideen produzierten.

Ursachen des Produktivitätsverlustes

  • ungewöhnliche und kreative Ideen werden unterdrückt aus Angst vor Bewertung
  • Trittbrettfahrerhypothese: durch geringe Identifizierbarkeit und hohe Ersetzbarkeit (der Eindruck, dass der eigene Beitrag nicht benötigt wird) wird die Motivation zum Profitieren von Leistungen anderer erhöht, also Trittbrettfahren
  • Produktionsblockierung, da zu jedem Zeitpunkt jeweils nur ein Mitglied das Wort ergreifen kann

Untersuchungen nicht-verbaler Austäusche von Ideen, wie elektronisches Brainstorming (Dennis & Valacich, 1993; Valacich, Dennis & Connolly 1994) und Brainwriting (Paulus & Yang 2000) belegen, dass ohne Blockierung auch keine Leistungsverluste auftreten.

Theoretische Erklärung der Leistungsverluste

Theorie der Ideengenerierung (SIAM: Search for Ideas in Associative Memory“)

  • Ideen stellen Problemlösungen dar, welche nicht ohne Hilfe von Vorinformationen entwickelt werden können
  • durch Aktivieren eines Images (Verbindung von Elementen, die zu verschiedenen Objekten gehören) im Gedächtnis, werden neue Ideen automatisch erzeugt indem neue Assoziationen gebildet werden oder Wissen auf einen neuen Bereich angewendet wird
  • dies trifft für allein arbeitende Individuen als auch für Individuen in Gruppen zu
    • wobei Individuen in Gruppen den Ideen anderer Gruppenmitgliedern ausgesetzt sind
    • den Wartezeiten in Folge des wechselseitigen Ideenaustausches ausgesetzt sind

-> Produktionsblockierung

  • eine Hypothese aus der SIAM: Wartezeiten von sehr langer Dauer führen zu einer Unterbrechung eines Gedankengangs, das Image wird deaktiviert und kann nicht mehr zur Generierung von neuen Ideen benutzt werden
  • Blockierung entsteht auch durch das wiederholen der Idee, um sie nicht zu vergessen
  • durch das Aufpassen, um das Wort ergreifen zu können
  • in Gruppen gibt es mehr Kategorienwechsel
  • die Gedankengänge beim individuellen Brainstorming sind länger

Ist kognitive Stimulierung möglich?

Die Produktionsblockierung als unvermeidlicher Nebeneffekt des verbalen Ideenaustauschs eröffnete den Weg für andere Verfahren

  • Brainwriting
  • elektronisches Brainstorming (Ideen aufschreiben und gleichzeitig austauschen)

Studien zeigen, dass schriftlicher Ideenaustausch zu Produktivitätsgewinnen führen kann, wobei relativ große Brainstorminggruppen mehr Ideen erzielten als vergleichbare Nominalgruppen.

  • Ideen anderer können sich positiv auf die Ideengenerierung auswirken, da sie die Zeit zum Erstellen von Images verkürzen
  • allerdings zeigt sich bei dieser Stimulierung eine Abnahme der Verarbeitungstiefe weil sie zu vorzeitigem Kategorienwechsel führt
  • das Teilen von Ideen mit anderen führt auch zu einer Konzentration auf die Kategorien, die man mit anderen Gruppenmitgliedern gemeinsam hat, die Abnahme der Verarbeitungsbreite wurde mit der Zunahme  der Verarbeitungstiefe kompensiert

Frühe Untersuchungen behaupteten, dass schon die Äußerung einer Idee die Ideenfindung der anderen Teilnehmenden beeinflusst.

Daher wäre es sinnvoll, alle Teilnehmenden vor dem eigentlichen Brainstorming ihre Ideen aufschreiben zu lassen, um danach zunächst gänzlich unbeeinflusst davon berichten zu können. Laut einem Bericht in „Bild der Wissenschaft“ 1/2005 nützt die Methode jedoch nachweislich nichts: 50 Studien zeigten ein vernichtendes Ergebnis, die Kandidaten konnten es in Gruppen nicht besser, weil sie sich gegenseitig blockierten. Meist mussten sie warten, bis ein anderer ausgeredet hatte, was ihre Kreativität hemmte.

Einzelkämpfer

Einzelkämpfer hatten nicht nur mehr, sondern auch bessere Eingebungen als die Gruppe. Kreativität hinge somit eher vom Bewusstseinsstand der Einzelnen ab.

  • geübte kreative Menschen sind in der Lage, sich innerhalb einer Brainstorming-Sitzung gegenseitig anzuregen und zu beflügeln
  • die Brauchbarkeit der Ideen hängt wesentlich von der Vertrautheit der Teilnehmenden mit dem Problemgebiet ab
  • vielfältige Interessen und breite Allgemeinbildung sind ebenfalls vorteilhaft
  • oft werden Brainstorming und verwandte Methoden nur deshalb angewendet, um möglichst viele Personen an der Problemlösung zu beteiligen, also aus (betriebs-)politischen Gründen, hier spielt Effektivität keine große Rolle
  • wird Brainstorming streng ergebnisorientiert eingesetzt und auch nur von für diese Methode geeigneten Personen ausgeübt, kann es sehr schnell zu guten Teilergebnissen führen, die wiederum weitere Arbeitsschritte befruchten

Ein Sozialpsychologe der Universität Utrecht machte bezüglich Brainstorming ein Experiment, in dem 20 allein nachdenkende Menschen bis zu 50 % mehr und originellere Einfälle hatten als „Teams“, die Brainstorming betrieben…

Quelle: der Artikel von Wolfgang Stroebe und Bernard A. Nijstad

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Kommentare

Eine Antwort zu „Brainstorming in Gruppen vermindert die Kreativität“

  1. […] ergibt sich aber auch eine riesige Chance, denn Loslassen heißt auch Freiräume schaffen für neue Ideen, Chancen, […]

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